WEG-Novelle: Änderungen für Wohnungseigentümer im Überblick
- Daniel Mathiesen
- 2. Mai
- 10 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen

Das neue WEG-Gesetz hat seit dem 1. Dezember 2020 zahlreiche Veränderungen für Wohnungseigentümer mit sich gebracht. Was früher oft an einstimmigen Beschlüssen scheiterte, ist jetzt mit einfacher Mehrheit möglich – insbesondere bei baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum.
Als Eigentümer können wir jetzt Ladestationen für Elektrofahrzeuge installieren, barrierefreie Umbauten vornehmen und Sicherheitsmaßnahmen umsetzen, ohne die Zustimmung aller Miteigentümer einholen zu müssen. Darüber hinaus hat das neue WEG-Gesetz die Befugnisse der Verwaltung erweitert, sodass Verwalter nun Entscheidungen über kleinere Reparaturen und Dienstleistungsverträge eigenständig treffen können. Außerdem wurden die Einladungsfristen für Eigentümerversammlungen von zwei auf drei Wochen verlängert und hybride Versammlungen sind jetzt erlaubt.
In diesem Artikel geben wir einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Änderungen der WEG-Novelle und erklären, was die weiteren Neuerungen ab 2024 – wie die Pflicht zum zertifizierten Verwalter für Gemeinschaften mit mehr als acht Einheiten und die neuen Regelungen für Heizungssysteme – für uns Wohnungseigentümer bedeuten.
Neue Entscheidungsrechte für Eigentümer:innen
Mit der WEG-Reform wurden unsere Rechte als Eigentümer deutlich gestärkt. Durch die Novellierung haben wir nun klarere Ansprüche gegenüber der Verwaltung und können unsere Interessen besser durchsetzen. Im Folgenden stelle ich die drei wichtigsten neuen Rechte vor, die uns als Wohnungseigentümer zustehen.
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Einsicht in Verwaltungsunterlagen
Gemäß § 18 Abs. 4 WEG hat jetzt jeder Wohnungseigentümer einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen. Dieser Anspruch war zuvor zwar durch die Rechtsprechung anerkannt, ist nun aber explizit im Gesetz festgeschrieben. Besonders wichtig: Wir müssen für die Einsichtnahme keinen Grund angeben und können dieses Recht jederzeit ausüben.
Die Einsicht umfasst alle Dokumente - sowohl in Papierform als auch digital - die mit der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in Verbindung stehen. Darunter fallen unter anderem:
Allgemeine Unterlagen wie Hausordnung und Eigentümerliste
Rechtliche Dokumente wie Beschlüsse, Protokolle und Vollmachten
Finanzunterlagen wie Abrechnungen, Kontoauszüge und Rechnungen
Verträge der WEG mit Dienstleistern und Versicherungen
Technische Unterlagen wie Baupläne und Wartungsdokumente
Die Einsichtnahme erfolgt grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters zu üblichen Bürozeiten. Ein Organisationsvorlauf von mindestens drei Werktagen ist dem Verwalter zuzugestehen. Falls die Einsicht verwehrt wird, können wir unseren Anspruch per Klage gegen die Gemeinschaft durchsetzen - nicht gegen den Verwalter persönlich.
Kündigungsrecht des Verwalters
Eine bedeutsame Änderung betrifft die Abberufung des Verwalters. Nach § 26 Abs. 3 WEG kann der Verwalter jetzt jederzeit grundlos abberufen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung oder der Verwaltervertrag anderslautende Regelungen enthalten - diese sind unwirksam.
Nach einer Abberufung endet der Verwaltervertrag automatisch nach Ablauf von sechs Monaten, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf. Bei wichtigen Gründen ist jedoch eine außerordentliche fristlose Kündigung möglich. In diesem Fall endet der Vertrag sofort mit Zugang der Kündigung beim Verwalter.
Zudem stärkt die Gesetzesänderung unsere Position als Eigentümer, da der Verwalter Beschlüsse über seine Abberufung nicht mehr anfechten kann. Dies vereinfacht den Wechsel zu einem neuen Verwalter erheblich.
Recht auf zertifizierten Verwalter
Seit dem 1. Dezember 2022 können wir als Eigentümer grundsätzlich einen zertifizierten Verwalter verlangen. Dies ist eine wichtige Qualitätssicherung, da zertifizierte Verwalter nachweislich über die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügen müssen.
Als zertifizierter Verwalter darf sich nur bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) eine entsprechende Prüfung bestanden hat. Die Zertifizierung stellt sicher, dass Verwalter über ausreichende Fachkenntnisse verfügen und regelmäßige Weiterbildungen absolvieren. Konkret müssen sie innerhalb eines Zeitraums von drei Kalenderjahren 20 Stunden in ihre Weiterbildung investieren.
Allerdings gibt es zwei wichtige Ausnahmen für kleinere Gemeinschaften: Wenn die Wohnanlage aus weniger als neun Sondereigentumsrechten besteht, ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer einen zertifizierten Verwalter fordert, besteht kein Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter.
Die Übergangsregelung, wonach Verwalter, die am 1. Dezember 2020 bereits tätig waren, bis zum 1. Juni 2024 als zertifiziert galten, ist inzwischen abgelaufen. Zukünftig entspricht ein Beschluss über die Bestellung eines nicht-zertifizierten Verwalters keiner ordnungsgemäßen Verwaltung mehr und kann auf Anfechtung hin für ungültig erklärt werden.
Erweiterte Befugnisse der Verwaltung
Die WEG-Reform hat deutliche Veränderungen für die Position des Verwalters mit sich gebracht. Anders als früher verfügt die Verwaltung nun über umfassendere Handlungskompetenzen und mehr Entscheidungsfreiheit. Diese Neugestaltung soll vor allem die Effizienz im täglichen Verwaltungsgeschäft steigern.
Maßnahmen ohne Beschluss
Durch die Neuregelung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG darf der Verwalter jetzt eigenständig Maßnahmen treffen, die von "untergeordneter Bedeutung" sind und nicht zu "erheblichen Verpflichtungen" der Gemeinschaft führen. Darunter fallen beispielsweise:
Kleinere Reparaturen am Gemeinschaftseigentum
Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in begrenztem Umfang
Gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen
Die Frage, ob eine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung ist, hängt wesentlich von der Größe der Wohnanlage ab. Je größer die Anlage, desto umfangreicher dürfen die selbstständig getroffenen Maßnahmen sein. Darüber hinaus ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, ohne Beschluss Maßnahmen "zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils" durchzuführen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Dies betrifft insbesondere Notfallsituationen wie Wasserschäden oder Sturmschäden, bei denen schnelles Handeln erforderlich ist.
Außenvollmacht und Vertragsabschlüsse
Eine der weitreichendsten Änderungen durch die Reform ist die nahezu unbeschränkte Vertretungsbefugnis des Verwalters im Außenverhältnis. Nach § 9b Abs. 1 WEG vertritt der Verwalter die Eigentümergemeinschaft – ähnlich wie ein GmbH-Geschäftsführer – gerichtlich und außergerichtlich. Diese umfassende Vertretungsmacht kann gegenüber Dritten nicht eingeschränkt werden.
Die einzige gesetzliche Ausnahme betrifft den Abschluss von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen, für die ein Beschluss der Eigentümer erforderlich ist. Für alle anderen rechtsgeschäftlichen Handlungen benötigt der Verwalter grundsätzlich keine separate Ermächtigung mehr. Allerdings gilt diese erweiterte Vollmacht ausschließlich für die Vertretung der Gemeinschaft; für die Vertretung einzelner Eigentümer bestehen keine Befugnisse.
Grenzen der Verwalterbefugnisse
Obwohl die Außenvollmacht des Verwalters kaum beschränkbar ist, können die Eigentümer die Rechte und Pflichten des Verwalters im Innenverhältnis durchaus einschränken oder erweitern (§ 27 Abs. 2 WEG). So können sie durch Beschluss festlegen, welche Maßnahmen der Verwalter eigenständig treffen darf und welche nicht.
In der Praxis empfiehlt es sich, konkrete Regelungen für den Verwalter zu beschließen, beispielsweise:
Festlegung eines Maßnahmenkatalogs
Definition von Wertgrenzen für eigenständige Entscheidungen
Zustimmungspflicht des Verwaltungsbeirats ab einer bestimmten Kostenhöhe
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Abberufung des Verwalters. Nach § 26 Abs. 3 WEG kann der Verwalter jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen werden. Der Verwaltervertrag endet dann automatisch spätestens sechs Monate nach der Abberufung, ohne dass eine gesonderte Kündigung erforderlich ist. Diese Regelung stärkt die Position der Eigentümer und erleichtert den Wechsel zu einem neuen Verwalter erheblich.
Die gesetzlichen Änderungen bewirken insgesamt eine deutliche Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten eines handlungsfähigeren Verwalters. Gleichzeitig erhalten die Eigentümer aber auch neue Möglichkeiten, die Verwalterbefugnisse nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Besonders für größere Wohnanlagen bietet die Reform damit Chancen für eine effizientere Verwaltung.
Bauliche Veränderungen und Modernisierungen
Eine der bedeutendsten Änderungen der WEG-Reform betrifft die baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Was früher oft an komplizierten Zustimmungserfordernissen scheiterte, ist jetzt deutlich einfacher umzusetzen.
Einfachere Beschlussfassung bei Umbauten
Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen wurde grundlegend vereinfacht. Während früher die Zustimmung aller beeinträchtigten Eigentümer erforderlich war, können bauliche Maßnahmen jetzt mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Diese Neuregelung stellt einen Paradigmenwechsel dar: Das Veränderungsinteresse wird nicht mehr als nachrangig gegenüber dem Bestandsinteresse angesehen.
Allerdings gibt es klare Grenzen: Laut § 20 Abs. 4 WEG dürfen Maßnahmen nicht beschlossen werden, wenn sie die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einzelne Eigentümer unbillig benachteiligen. Die unbillige Benachteiligung muss dabei so schwerwiegend sein, dass sie einem verständigen Eigentümer nicht zumutbar wäre.
Privilegierte Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 WEG
Besonders weitreichend ist der neue Anspruch jedes Eigentümers auf bestimmte privilegierte bauliche Veränderungen. Laut § 20 Abs. 2 WEG haben wir als Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch auf angemessene bauliche Veränderungen, die:
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen
das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge ermöglichen
dem Einbruchsschutz dienen
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen
der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte (Balkonkraftwerke) dienen
Wichtig dabei: Der Anspruch bezieht sich nur auf das "Ob" der Maßnahme, nicht auf das "Wie". Über die konkrete Ausführung können die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung entscheiden. Außerdem muss der Anspruchsteller selbst nicht behindert sein, um barrierefreie Umbauten zu verlangen.
Kostenverteilung bei baulichen Maßnahmen
Grundsätzlich gilt: Wer einer baulichen Veränderung zustimmt, trägt die Kosten und ist zur entsprechenden Nutzung berechtigt. Allerdings gibt es zwei wichtige Ausnahmen:
Erstens werden die Kosten unter allen Eigentümern verteilt, wenn eine Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wird und diese mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren. Diese Regelung gilt jedoch nicht, wenn die Maßnahme mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
Zweitens tragen alle Eigentümer die Kosten, wenn sich die Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisiert. Als Orientierung gilt dabei meist ein Zeitraum von etwa 10 Jahren.
Bei privilegierten Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 WEG trägt grundsätzlich derjenige die Kosten, der die Maßnahme verlangt hat.
Nachzüglerregelung und Nutzungsausgleich
Das neue WEG-Gesetz enthält auch eine praktische Regelung für "Nachzügler": Wohnungseigentümern, die sich zunächst nicht an den Kosten beteiligt haben, kann die Nutzung baulicher Veränderungen gegen einen angemessenen Ausgleich später gestattet werden.
Wenn beispielsweise ein Eigentümer auf eigene Kosten einen Treppenlift installiert hat und später ein anderer Eigentümer diesen ebenfalls nutzen möchte, kann er dies gegen anteilige Erstattung der Errichtungskosten und künftige Beteiligung an den Betriebs- und Erhaltungskosten tun.
Diese "Nachzügler-Regelung" gilt auch für andere bauliche Veränderungen, etwa bei der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Dabei beschließen die Wohnungseigentümer über die Gestattung; dies machen nicht die betreffenden Eigentümer unter sich aus.
Für die praktische Umsetzung bedeutet dies: Der Verwalter muss bei jeder baulichen Veränderung das Abstimmungsverhalten namentlich dokumentieren, um später sowohl die korrekte Kostenverteilung als auch mögliche Nachzügler-Beteiligungen nachvollziehen zu können.
Diese umfassende Neugestaltung bei baulichen Veränderungen ermöglicht es nun, Modernisierungen und Anpassungen wesentlich leichter umzusetzen als bisher - ein wichtiger Schritt zur zeitgemäßen Fortentwicklung von Wohnanlagen.
Eigentümerversammlungen und Beschlussfassung
Die Durchführung von Eigentümerversammlungen hat durch die WEG-Reform grundlegende Veränderungen erfahren. Insbesondere die Beschlussfassung wurde vereinfacht und an moderne Kommunikationsmöglichkeiten angepasst. Diese Änderungen erleichtern uns als Eigentümer die Teilnahme an Entscheidungsprozessen erheblich.
Hybride und digitale Versammlungen
Seit der WEG-Reform können wir beschließen, dass Eigentümer auch elektronisch an Präsenzversammlungen teilnehmen dürfen. Diese hybriden Versammlungen bieten besonders für Personen mit eingeschränkter Mobilität oder in großen Eigentümergemeinschaften erhebliche Vorteile. Allerdings muss die Gemeinschaft in der Gemeinschaftsordnung oder per Beschluss diese Möglichkeit zunächst festlegen.
Eine rein virtuelle Eigentümerversammlung war nach der Reform von 2020 zunächst nicht vorgesehen. Erst mit dem neuen Gesetz vom Oktober 2024 können Eigentümerversammlungen nun auch vollständig virtuell stattfinden, wenn dies mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wird.
Neue Einladungsfristen und Textform
Die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. Außerdem erfolgt die Einladung jetzt in Textform – eine schriftliche Form ist nicht mehr notwendig. Dadurch kann die Einladung auch per E-Mail oder über andere elektronische Kommunikationswege erfolgen.
Zur Eigentümerversammlung müssen alle im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer geladen werden. Die Einladung muss folgende Angaben enthalten:
Datum, Uhrzeit und Ort der Versammlung
Eine detaillierte Tagesordnung
Bei digitalen Versammlungen: Informationen zur technischen Durchführung
Beschlussfähigkeit unabhängig von Teilnehmerzahl
Eine wesentliche Neuerung: Die Eigentümerversammlung ist jetzt immer beschlussfähig – unabhängig von der Anzahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer. Vor der Reform war für die Beschlussfähigkeit erforderlich, dass mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten wurde. Diese Änderung macht Wiederholungsversammlungen aufgrund mangelnder Beschlussfähigkeit überflüssig und sorgt für mehr Planungssicherheit.
Umlaufbeschlüsse mit Mehrheitsentscheidung
Darüber hinaus wurde das Umlaufbeschlussverfahren deutlich vereinfacht. Früher mussten alle Eigentümer einem Umlaufbeschluss zustimmen. Nun können die Eigentümer in der Versammlung beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand im Umlaufverfahren die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
Der Ablauf eines solchen Umlaufbeschlusses folgt klaren Regeln: Zunächst wird in der Eigentümerversammlung beschlossen, dass über eine bestimmte Angelegenheit im Umlaufverfahren mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann. Anschließend wird der konkrete Beschlussvorschlag in Textform an alle Eigentümer versendet, die dann innerhalb einer angemessenen Frist (mindestens drei Wochen) abstimmen können.
Diese Änderung macht das Umlaufverfahren zu einem praxistauglichen Instrument. Insbesondere für dringende Entscheidungen oder wenn schnell gehandelt werden muss, bietet es eine effiziente Alternative zur Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung.
Weitere wichtige Änderungen im neuen WEG-Gesetz
Neben den bereits vorgestellten Änderungen bringt das neue WEG-Gesetz weitere bedeutende Neuerungen mit sich, die das Zusammenleben und die Verwaltung in Eigentümergemeinschaften grundlegend verändern.
Flexibilisierung des Verwaltungsbeirats
Die Regelungen zum Verwaltungsbeirat wurden deutlich flexibler gestaltet. Während früher gesetzlich drei Beiratsmitglieder vorgeschrieben waren, können Wohnungseigentümer jetzt die Anzahl der Beiräte durch Beschluss frei festlegen. Dadurch lässt sich die Größe des Beirats optimal an die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinschaft anpassen.
Besonders wichtig: Die Haftung ehrenamtlicher Beiräte wurde auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Diese Änderung soll mehr Eigentümer motivieren, sich im Verwaltungsbeirat zu engagieren. Außerdem wurde die Überwachung des Verwalters jetzt ausdrücklich als Aufgabe des Beirats im Gesetz verankert.
Entziehung des Wohnungseigentums
Die Vorschriften zur Entziehung des Wohnungseigentums wurden ebenfalls überarbeitet. Gemäß § 17 Abs. 2 WEG kann eine Verletzung der Pflichten gegenüber der Gemeinschaft nun eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen. Allerdings muss dem Entziehungsbeschluss grundsätzlich eine Abmahnung vorausgehen, in der das beanstandete Verhalten konkret benannt wird.
Im Gegensatz zur früheren Fassung sind Zahlungsrückstände nicht mehr explizit als Entziehungsgrund genannt. Hier steht der Gemeinschaft jetzt der einfachere Weg der Zwangsversteigerung nach einem Zahlungstitel zur Verfügung.
Grundbucheintragung bei Vereinbarungsänderung
Eine wichtige Änderung betrifft die Wirksamkeit von Beschlüssen, die auf Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst wurden. Diese müssen künftig im Grundbuch eingetragen werden, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken. Für Altbeschlüsse, die vor dem 1. Dezember 2020 gefasst wurden, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025.
Jede Wohnungseigentümergemeinschaft sollte daher prüfen, ob in ihrer Gemeinschaftsordnung eine vertragliche Öffnungsklausel existiert und ob davon Gebrauch gemacht wurde. Falls ja, empfiehlt sich eine rechtzeitige Eintragung im Grundbuch.
Harmonisierung mit Mietrecht
Ein wichtiger Bestandteil der Reform ist die Harmonisierung von Wohnungseigentums- und Mietrecht. Dadurch sind Mieter von Sondereigentumseinheiten jetzt verpflichtet, bauliche Maßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden. Die entsprechenden Vorschriften des Mietrechts (§ 555a Absatz 2 und § 555c BGB) gelten hierbei entsprechend.
Darüber hinaus wurde die Betriebskostenabrechnung vereinheitlicht: Bei vermieteten Eigentumswohnungen ist im Verhältnis zwischen dem vermietenden Eigentümer und dem Mieter künftig die in der WEG geltende Kostenverteilung maßgeblich. Das bedeutet, dass beispielsweise ein nach Miteigentumsanteilen berechneter Umlageschlüssel aus der WEG-Jahresabrechnung nun auch für den Mieter gilt.
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Fazit
Zusammenfassend hat die WEG-Novelle seit ihrer Einführung im Dezember 2020 grundlegende Veränderungen für uns als Wohnungseigentümer gebracht. Zweifellos stellt die Vereinfachung von Beschlussfassungen für bauliche Veränderungen eine der wichtigsten Neuerungen dar. Privilegierte Maßnahmen wie Ladestationen, barrierefreie Umbauten oder Einbruchschutz können wir jetzt mit deutlich weniger Hürden umsetzen.
Die gestärkten Eigentümerrechte, besonders der Anspruch auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen und das erweiterte Kündigungsrecht des Verwalters, geben uns mehr Kontrolle über unsere Gemeinschaft. Gleichzeitig erhielten Verwalter umfassendere Handlungskompetenzen, was für effizientere Abläufe sorgt, aber auch unsere Aufmerksamkeit bei der Festlegung klarer Grenzen erfordert.
Die neuen Möglichkeiten zu hybriden und digitalen Eigentümerversammlungen spiegeln den Zeitgeist wider und machen die Teilnahme für alle Eigentümer wesentlich einfacher. Besonders die Abschaffung des Erfordernisses der Beschlussfähigkeit und die Flexibilisierung von Umlaufbeschlüssen erleichtern die gemeinschaftliche Entscheidungsfindung erheblich.
Insgesamt bringt das neue WEG-Gesetz mehr Handlungsspielraum für die Gemeinschaft und jeden einzelnen Eigentümer. Schließlich sollten wir die neuen Möglichkeiten nutzen, um unsere Wohnanlagen zeitgemäß zu modernisieren und gleichzeitig auf eine ausgewogene Kostenverteilung achten. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese Änderungen in der Praxis bewähren und welche Anpassungen eventuell noch folgen werden.
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